Zeichnen Sie den im 5. Absatz geborenen Argumentationsstrang nach. Berücksichtigen Sie dabei die im 2. Absatz gegebene methodische Anweisung und stellen Sie den Anschluss zum 1. Zweifelsgrund her.
Im 5. Absatz der 1. Meditation führt Descartes mit der Betrachtung
des Phänomens des Traumes einen zweiten Zweifelsgrund ein. Wurde im 3.
Absatz die sinnliche Wahrnehmung als Grundlage der Erkenntnis in Zweifel
gezogen, so wird nun der, auf Erkenntnis gerichtete, kognitive Zustand dem
Zweifel unterworfen .
Im Traum, so reflektiert Descartes, erlebt er "manchmal noch viel
Unglaublicheres, (...) wie jene im Wachen (AT VII, 19). Jene, sind die
Verrückten, Wahnsinnigen, von deren geistigen Zustand er sich noch in
Absatz 4 so weit entfernt glaubt. So wie jene im Wachen eine Haltung zur
Welt haben, die für den geistig gesunden Menschen zweifelsfrei auf
Einbildung beruht, ist es nun Descartes, der im Traum meint noch
verrückteres zu erleben. Häufiger sind jedoch im Traum die
Zustände, in denen er ganz alltägliches erlebt. So etwa "hier zu
sein, den Rock anzuhaben und am Ofen zu sitzen" (AT VII, 19). Zunächst
geht er davon aus, Traum und Wachen klar voneinander unterscheiden zu
können. Das Traumbeispiel ist nicht mehr als Erinnerung, denn der "Kopf,
den ich (Descartes, Anm. d.V.) bewege, ist nicht vom Schlaf umfangen" (AT VII,
19). Die Rücknahme dieses "Arguments" folgt sogleich, denn auch im Traum
glaubt er solches schon gedacht zu haben. Im Ergebnis ist es für
Descartes somit nicht möglich sichere Merkmale zu finden, durch den
"der Schlaf vom Wachen unterschieden werden kann " (AT VII, 19).
Das im 1. Absatz skizzierte Anliegen Descartes ist es, eine erste
sichere Grundlage zu finden, von der ausgehend allein die Möglichkeit
besteht, etwas Bleibendes zu errichten.
Die Methode, derer er sich beim Umsturz seiner Meinungen (folgerichtige
Wortwahl, da allem ohne sichere Grundlage nur Meinungscharakter zukommt)
bedient, ist der universelle Zweifel. Dieser ist durch zwei Kriterien
gekennzeichnet (AT VII, 18):
I Alles was nicht zweifelsfrei und gewiss ist, ist vernünftiger weise zu
verwerfen.
II Alles, was auf etwas aufgebaut ist, was nach Kriterium I zu verwerfen ist,
ist notwendig ebenfalls zu verwerfen.
Es gilt somit nicht alle Einzelfälle zu untersuchen, sondern Fundamente
zum Einsturz zu bringen bzw. ein sicheres Fundament zu finden.
Kriterium I unterscheidet nicht nach Wahrheit und Falschheit, sondern nach
Unbezweifelbarem und Bezweifelbarem. Dies ist allerdings für Kriterium
II völlig hinreichend, da alles was sich auf Bezweifelbarem aufbaut,
notwendigerweise selbst bezweifelbar ist.
In Absatz 3 wurde - durch Anwendung dieser Methode - zunächst die gesamte
sinnliche Wahrnehmung als mögliche Grundlage sicherer Erkenntnis
ausgeschlossen. Die Sinne, von denen alles ausging, was Descartes bisher
unmittelbar oder mittelbar als ganz wahr gelten ließ, sind ab und an
nicht frei von Täuschungen. Daher ist die sinnliche Wahrnehmung
gemäß Kriterium I als ganzes zu verwerfen. Gemäß
Kriterium II ist weiterhin alles zu verwerfen, was auf diesem Fundament
aufgebaut ist. Da alles bisherige auf der sinnlichen Wahrnehmung gründete
bleibt somit nichts sicheres mehr über.
Es ist allerdings zu prüfen, ob die bezweifelbaren von den gewissen
Fällen der sinnlichen Wahrnehmung geschieden werden können.
In Absatz 4 führt Descartes u.a. das in Absatz 5 wieder
aufgegriffene Beispiel an. Demnach ist für Descartes nicht daran zu
zweifeln, "daß ich (Descartes, Anm. d.V.) hier bin, am Ofen sitze, meinen
Winterrock anhabe" (AT VII, 18; vgl. o.). Der sinnliche Nahbereich, die
leibliche Selbstauffassung ist somit von der Gesamtheit der sinnlichen
Wahrnehmung als unbezweifelbarer Teilbereich abzusondern. Es sei denn, man
nähme den Standpunkt der Wahnsinnigen ein, die allein auch dort
getäuscht werden. Mit der Gegenüberstellung des Wahnsinns wird zum
einen die Unbezweifelbarkeit des eigenen Nahbereichs betont und zum anderen die
Überleitung zum Phänomen des Traumes gegeben. Das von Sinnen sein,
kennzeichnet gleichzeitig den Wahnsinn und den Zustand des Schlafens
(Traumes).
Der Kreis ist geschlossen. Die Anwendung der Zweifelsmethode auf das obige
Ergebnis von Absatz 5 ergibt, auch ohne den Zusatz Descartes, dass er
"in der Meinung zu träumen bestärkt werde" (AT VII, 19), die Annahme
des Traumzustandes:
Die Möglichkeit der Unterscheidung des Wachens vom Schlafen ist nicht
gewiss, nach Kriterium I ist die Möglichkeit der Unterscheidung daher zu
verwerfen. Somit ist die Annahme des Wachens bezweifelbar und gleichfalls zu
verwerfen. Anzunehmen ist demnach das Schlafen (Träumen).
Haben wir am Ende von Absatz 3 eine Welt in der alles bezweifelbar ist und
gewinnen wir in Absatz 4 immerhin für einen Teil der Welt wieder
Sicherheit, so geht uns mit dem Schluss aus Absatz 5 in Verbindung mit
Kriterium II nicht nur diese Sicherheit wieder, sondern gleichsam die gesamte
Welt (Außenwelt) mit verloren. War die sinnliche Wahrnehmung Gegenstand
des ersten Zweifelsgrundes, so ist jetzt bezweifelbar, ob es Sinne und somit
sinnliche Wahrnehmung überhaupt gibt.
"Und das Denken? Hier werde ich fündig: Das Denken [= Bewußtsein]
ist es; es allein kann von mir nicht abgetrennt werden" (AT VII, 27).
Wie wird Descartes fündig?
Erläutern Sie wie Descartes mit Hilfe des "genius malignus" und getreu
seiner Methode in der 2. Meditation zur Selbstvergewisserung des Ich gelangt
und wie sich dieses Ich als vom Körper verschieden erweist.
Die Sicherheit der nicht empirischen Wissenschaften, die Descartes -
nach sorgfältiger Prüfung seines Traumargumentes - vor dem
zwischenzeitlich drohendem nichts an Sicherheit erretteten, ging mit dem
"genius malignus" - Argument wieder verloren. Dieses völlig
unbefriedigende Ergebnis der 1. Meditation - die Annahme, dass es nichts
Gewisses gibt - ist nun der Ausgangspunkt der 2. Meditation. Descartes
kann "auf dem Grund nicht Fuß fassen" (AT VII, 24). Auch wenn er bereit
wäre, die Gewissheit, dass es nichts Gewisses gibt, als Endergebnis seiner
Meditationen zu akzeptieren, so zeigt er sich doch zuversichtlich, die
angestrebte zweifelsfreie Grundlage zu finden, auf der er dann Fuß fassen
könnte. Das Ergebnis aus der 1. Meditation ist daher nur vorläufig
und erfüllt selbst nicht das von Descartes - gemäß
seiner Methode - geforderte Kriterium der Gewissheit.
Es ist nicht sicher, ob "es nicht noch etwas von allem bereits Angezweifelten
Verschiedenes gibt, das auch nicht den geringsten Anlass zum Zweifel bietet"
(AT VII, 24). Mit der Selbstvergewisserung des Ich wird Descartes zum ersten mal fündig werden.
Das so gefundene Ich erscheint jedoch zunächst als diffuser,
unbestimmter Begriff. Die für die gesuchte sichere Grundlage erforderliche
Klarheit und Deutlichkeit ist nicht gegeben. Erst mit der selektiven
Untersuchung dieses Ich, wird er - mit dem Denken (dem Bewusstsein) -
seinen archimedischen Punkt finden.
Descartes stellt sich die Frage woher denn all seine Gedanken, seine
Zweifel kommen. "Gibt es nicht vielleicht einen Gott, oder wie ich den
denjenigen sonst nennen soll, der mir (Descartes, Anm. d.V.) diese Gedanken
einflößt?" (AT VII, 24) Nein - hierzu braucht er keinen Gott, denn
er selbst könnte ihr Urheber sein. Die Frage nach der Existenz Gottes wird
hier zwar nicht negativ beschieden, es wird jedoch ausdrücklich betont,
dass diese Frage hier ohne Relevanz ist. Er selbst - sein Ich -
könnte diese Zweifel haben - mag es nun einen Gott geben oder auch nicht.
"So wäre aber doch wenigstens Ich (Descartes, Anm. d.V.; i.O. ohne
Fettdruck) etwas?" (AT VII, 24)
Der erste Schritt ist getan, auch wenn Descartes diese Annahme noch mit
einem Fragezeichen versieht. Wenn dieses (sein) Ich der Grund sein soll,
so ist hierfür zweifelsfreie Gewissheit notwendig. Da sein soeben
entdecktes Ich jedoch nicht Gegenstand der bisherigen
Zweifelsgründe war, ist zu überprüfen, ob es diesen
Zweifelsgründen standhält. Das Ergebnis des stärksten
Zweifelsgrundes ("genius malignus" - Argument) ist die Annahme, das
nichts in der Welt existiert, demnach doch auch sein Ich nicht?
"Nein, ganz gewiß war Ich (Descartes, Anm. d.V.; i.O. ohne
Fettdruck) da, wenn ich mich von etwas überzeugt habe." (AT VII, 25)
Dies ist kein formal logischer-, sondern ein intuitiver Schluss, den er (in
seiner meditativen Haltung) für sich vollzieht.
Sein Ich hält dem Ergebnis des "genius malignus" - Arguments
stand, wie steht es aber mit dem Argument selbst? Descartes stellt
fest, dass der "genius malignus" soviel er ihn auch täuschen mag,
er doch niemals bewirken könnte, dass er nicht sei, so lange er denke, er
sei etwas. Zumindest als Objekt der Täuschung muss sein Ich
existent sein. Da es der Prüfung anhand seiner Methode standhält,
wird aus der anfänglichen Annahme für Descartes nun
zweifelsfrei Gewissheit: "der Satz >>Ich bin, Ich
existiere<<, sooft ich ihn ausspreche oder im Geiste auffasse, (ist,
d.V.) notwendig wahr" (AT VII, 25; i.O. ohne Fettdruck).
Der Grund ist erreicht, allein der Blick auf ihn ist noch verschwommen. Zu
diffus ist die Vorstellung von Ich, als dass ich mich darauf stellen
könnte. Was also bin Ich
Natürlich hatte Descartes auch zu Beginn der Meditation schon eine
Vorstellung seiner selbst. Das nun gefundene Ich, welches notwendig
existiert, kann nicht mit dieser Vorstellung zusammenfallen. Er kehrt also in
Gedanken (bezüglich der Vorstellung seiner selbst) an die Oberfläche
zurück um von dieser Vorstellung alles abzuziehen, was seinen
Zweifelsgründen nicht standhält.
Ausgangspunkt bei dem erneuten Absteigen in die Tiefe ist die allgemeine
Vorstellung ein Mensch zu sein. Mit dem gefundenen Ich (dem VollzugsIch
- dem Selbstbewusstsein) befinden wir uns auf der Ebene des Subjekts, demnach
verspricht auch nur eine in der subjektiven Vorstellung verbleibende
Betrachtung Erfolg. Der Versuch, den Mensch etwa als "animal rationale" zu
definieren, würde hingegen nur zu neuen Schwierigkeiten führen.
Weitere Fragen würden sich anschließen (was ist ein Tier, was ist
Vernunft etc.). Zudem würde mit dem Tier auf ein Objekt der
Außenwelt verwiesen, deren Existenz an dieser Stelle ungewiss ist.
Descartes bemerkt, dass er seine sinnliche Wahrnehmung von Gesicht,
Hände, Arme etc, unter dem Begriff Körper subsumierte. Hingegen
schrieb er Tätigkeiten wie Nähren, Gehen, Fühlen und Denken,
der Seele zu. Während er sich von der Seele keine oder nur eine recht
unbestimmte Vorstellung machte, hatte er hinsichtlich dessen, was die Natur des
Körper sei, gerade keine Zweifel. U.a. kam dem Körper die Eigenschaft
zu, bewegt werden zu können. Die Selbstbewegung aber war in seiner
Vorstellung ebenso wie die Vermögen des Empfindens und Denkens mit dem
Wesen des Körpers unvereinbar.
Auf diese Vorstellung seiner selbst wendet Descartes nun wieder das
"genius malignus" - Argument an.
Alles der Natur des Körpers zugeordnete kann ihm nicht standhalten. Auch
mit der Seele scheint es zunächst ein böses Ende zu nehmen.
Nähren, Gehen, Empfinden, als Eigenschaften, die nicht ohne Körper
auskommen, fallen dem Argument zu Opfer.
Was bleibt über? Das Denken, für Descartes gleichbedeutend mit
Bewusstsein, wurde noch nicht ausgeschlossen. Das Bewusstsein ist für
Descartes, im Gegensatz zu manchen modernen Vorstellungen, keine
körperliche Gehirnfunktion. Es ist daher vom Körper unabhängig
und hält dem Argument stand. Der Grund wird klar und deutlich, der
archimedische Punkt ist gefunden: Ich als denkendes Ding.
In der 3. Meditation entwickelt Descartes seinen Gottesbeweis mittels einer differenzierten Analyse des Bewusstseins. Zeigen und diskutieren sie deren Gehalt im Blick auf die Frage, ob Gott der höchste Grad der Realität zukommt.
Seinen archimedischen Punkt hat Descartes gefunden - das Ich als denkendes Ding. Ohne eine Verbindung zwischen den äußerlichen Dingen und dem Ich droht allerdings das Gefangensein des Ich in sich selbst. Zwischen dem Ich und der Außenwelt steht aber nach wie vor das 'genius malignus' - Argument. Vom diffusen Ich gelangte Descartes zum klaren und deutlichen 'Ich als denkendes Ding (Bewusstsein)'. Diese Erkenntnis besteht für Descartes in einer klaren und deutlichen (distinkten) Auffassung. Hieraus leitet er nun sein allgemeines Wahrheitskriterium ab: "Somit darf ich die allgemeine Regel festsetzen, daß alles wahr ist, was ich klar und deutlich auffasse" (AT VII, 35). Im folgendem wird zunächst der Weg skizzenhaft dargestellt, auf dem Descartes (unter Voraussetzung dieses Wahrheitskriteriums) nach außen zu gelangen sucht. Sodann wird der Frage nach Weg oder Irrweg? nachgegangen.
Das Bewusstsein - ist immer ein Bewusstsein von etwas was. Descartes
analysiert zunächst die Inhalte dieses Bewusstsein und findet zum einen
Gedanken, die Bilder von Dingen sind und zum anderen Gedanken, bei denen zu
diesen Bildern noch etwas hinzukommt. Erstere nennt er Ideen
(Vorstellungen, im folgendem synonym verwendet), letztere unterteilt er in
Wollungen/Affekte und Urteile. Während sowohl die Ideen als
auch die Wollungen/Affekte für sich betrachtet nicht falsch sein
können, stellt sich bei den Urteilen die Frage nach Wahrheit und
Falschheit. Die häufigste Ursache für falsche Urteile wird von
Descartes darin ausgemacht, dass von den Ideen darauf geschlossen wird,
dass sie etwas außerhalb des Ich entsprechen bzw. ähneln.
Nach einer weiteren Differenzierung scheint es drei Klassen von Ideen zu
geben,
- angeborene,
- von außen kommende
- und selbstgebildete.
Die Falschheit droht allein bei den von außen kommenden Ideen, da allein
bei ihnen der Schluss von innen nach außen erfolgt. Als Gründe
dafür, dass diese Ideen von außen zu kommen scheinen, nennt
Descartes die Natur, die ihm das scheinbar gelehrt habe und (als
gewichtigeren Grund), dass diese Ideen von seiner Willkür unabhängig
sind. Beide Gründe halten Prüfung Descartes nicht stand. Der
Zugang zur Außenwelt kann auf diesem Weg, der ohne Gott ausgekommen
wäre, nicht gefunden werden - Descartes nimmt einen neuen Anlauf.
Die im Bewusstsein enthaltenen Vorstellungen werden hierfür neu
klassifiziert. Sie sind zwar hinsichtlich dessen, dass sie alle nur Modi des
Denkens sind gleich, unterscheiden sich aber bezüglich ihrer Inhalte. So
findet er drei Klassen von Inhalten,
- bloße Zustandsweisen,
- Substanzen
- und die unendliche Substanz.
Ihnen kommt - nach Descartes - in Entsprechung ihrer Reihenfolge ein
jeweils größeres Maß an objektiver Realität zu. Dies
bedeutet, unter Berücksichtigung des Wahrheitskriteriums kommt ihnen ein
jeweils größeres Maß an Klarheit und v.a. an Deutlichkeit
(Distinktheit) zu. Descartes unterscheidet zwischen objektiver, d.h.
vorgestellter Realität und formaler Realität, d.h. wirklicher
Realität. Auf der Ebene des Ich, kommt der Vorstellung als solche,
formale Realität zu (sie ist wirklich), dem Inhalt der Vorstellung kommt
hingegen nur objektive Realität zu.
Gemäß dem Kausalprinzip, wonach in einer zureichenden Ursache
mindestens ebenso viel Sachgehalt sein muss wie in ihrer Wirkung, folgert
Descartes nun, dass jeder objektiven Realität (als Wirkung) eine
Ursache zu Grunde liegen muss, die mindest ebensoviel formale Realität
aufweist, als der Wirkung objektive Realität zukommt.
Um einen Zugang zur Außenwelt zu erhalten benötigt Descartes
daher eine Idee, deren Ursache nicht im Ich liegen kann. D.h., die
objektive Realität dieser Idee muss so groß sein, dass keine ebenso
große oder größere formale Realität im Ich
gefunden werden kann. Scheitert dies, so ist die Außenwelt 'verloren'.
Als konkrete Inhalte seiner Vorstellungen, denen objektive Realität
zukommt, findet Descartes: "Gott, körperliche und zugleich leblose
Dinge, Engel, Tiere und schließlich die mir ähnlichen Mitmenschen"
(AT VII, 43).
Die Vorstellungen von Engeln, von Tieren und von anderen Menschen lassen sich
ableiten aus den Vorstellungen von ihm selbst von Körpern und von Gott.
Die Vorstellung von Körpern lassen sich nach Descartes von ihm
selbst ableiten, da - verkürzt ausgedrückt - sowohl das Ich,
als auch Körper Substanzen sind. Was zu prüfen bleibt, ist die
Idee von Gott.
Für Descartes ist Gott "eine unendliche, unabhängige,
allweise, allmächtige Substanz, von der Ich (Descartes, Anm. d.V.;
i.O. ohne Fettdruck) selbst und alles, was etwa noch außer mir existiert,
geschaffen worden ist" (AT VII, 45). Selbst, wenn man den letzen Teil des
Satzes außer acht lässt (wenn Gott das Ich geschaffen hat,
muss er notwendig existieren), so ist es unmöglich, die Gott
zugeschriebenen vollkommenen Eigenschaften (als formale Realität) im
Ich zu finden. Die objektive Realität der Idee von Gott ist demnach
aus dem Ich nicht erklärbar, muss also außerhalb des
Ich ihre Ursache haben. Da die "Vorstellung von der unendlichen Substanz
(...) nur aus einer wahrhaft unendlichen Substanz hervorgehen" (AT VII, 45)
kann, bedeutet dies, dass nur Gott selbst als Ursache der Gottesidee in Frage
kommt - Gott existiert. Gott, der alle Vollkommenheiten besitzt, kann aber auch
kein Mangel anhaften. Das "natürliche Licht (Descartes Synonym
für das Wahrheitskriterium, d.V.) macht offenkundig, daß Lug und
Trug aus einem Mangel (des Menschen, d.V.) entspringen" (AT VII, 52). Der
'genius malignus' ist überwunden - der Weg zur Außenwelt ist
frei?
Mit Begin der 3. Meditation erscheint das bisher geleistete als nahezu trivial.
Die Erkenntnis des 'Ich als denkendes Ding', bis zu der
Descartes immerhin zwei Meditationen benötigte und dabei
äußerst sorgfältig verfuhr, erscheint nun 'schlicht', als eine
klare und deutliche Auffassung. Folgt man Descartes, so ergibt sich
hieraus direkt die allgemeine Regel (das Wahrheitskriterium), dass alles wahr
ist, was ganz klar und deutlich aufgefasst wird. Die intuitive Erkenntnis des
Ich soll hier nicht bestritten werden, welche andere Erkenntnis sollte
auch möglich sein, da unter der Annahme des 'genius malignus' in
letzter Instanz auch die Gesetze der Logik noch keine Gültigkeit haben.
Befremdend wirkt allerdings, dass das so gefundene Wahrheitskriterium
anscheinend keiner weiteren Prüfung bedarf.
Andererseits scheint unter der Bedingung des 'genius malignus' auch
keine andere Möglichkeit gegeben, Wahrheit zu definieren. Unter selbiger
Bedingung bleibt es aber auch unerklärbar, wie die Gültigkeit des
Satzes von Ursache und Wirkung, vorausgesetzt werden kann?
Descartes behilft sich dadurch, dass er seinen stärksten
Zweifelsgrund nun zu einem "schwachen und sozusagen metaphysischen" (AT VII,
36) erklärt. Nun hält er daher eine Täuschung in Sachverhalten
wie, "daß zwei und drei zusammen mehr oder weniger seien als fünf
und dergleichen" (AT VII, 36) für unmöglich. Unter 'dergleichen' ist
vermutlich auch das Kausalprinzip zu 'verbuchen'. Die Vorgehensweise
Descartes erscheint an dieser Stelle hinsichtlich seiner Methode
inkonsequent und gleichzeitig dahingehend fragwürdig, dass (mit der
Abwertung des Metaphysischen), gleichfalls der Wert der 'Meditationes' beeinträchtigt wird.
Erklärt man sich damit einverstanden, das Kausalprinzip (trotz des
'genius malignus' - Argumentes) gelten zu lassen, so bleibt letztlich zu
klären, ob Gott tatsächlich der höchste Grad an objektiver
Realität zukommt?
Sowohl die Idee Gottes, als auch die Vorstellung seiner selbst gehören
nach Descartes zur Klasse der angeborenen Ideen (Vgl. AT VII, 51). Diese
Einordnung ist für Descartes Argumentation konsequent und erforderlich.
Käme die Idee Gottes von außen, droht Falschheit (vgl. oben).
Wäre die Idee Gottes selbstgebildet, könnte sie zum einen nur
schwerlich nach außen verweisen (was beabsichtigt ist) und zum anderen
könnte ihr dann auch nicht mehr objektive Realität zu kommen als der
Idee des Ich. Folgt man Descartes in seiner Einordnung, so bleibt
jedoch unerklärlich, wieso das Ich und nicht Gott zuerst gefunden
wurde? Vom weniger klar und deutlich erfassten, d.h. vom weniger realen wurde
das Wahrheitskriterium abgeleitet, mit dem dann das deutlichere, realere
gefunden wird? Auch dies erscheint widersprüchlich.
Zusammenfassend ist die Argumentation Descartes somit in so starke
Zweifel zu ziehen, dass sie getreu seiner Methode als falsch anzunehmen ist.
Noch ist nichts als Ich.